Nachschautext zum Haiku Workshop mit Thomas Opfermann (28.4.2019)

Der heutige workshop zum Thema „Haiku“ war hochinteressant und intensiv! Inmitten der Arbeiten von Keiko Sadakane wehte wieder einmal mehr ein Hauch von Japan durch unseren schönen Kunstpavillon.
Nach Zen Meditation und japanischer Frauenliteratur wurden die Teilnehmer heute in die Kunst des Haikus eingeweiht. Eigene Haikus entstehen nun nach dem Erlernten und werden im Lyrischen Pfad bei Mutter Janssen (eine beliebte Spazierstrecke im Wald in Aurich) veröffentlicht.

Wir bedanken uns herzlich bei Thomas Opfermann von der Deutschen Haiku Gesellschaft für seinen tollen Vortrag! und bei den Teilnehmern für die anregende Diskussion. Wir freuen uns sehr auf die Haikus, die nun in Ruhe geschrieben und dann dem Leser geschenkt werden, der sie in Ruhe auspacken soll.

 

 

Nachschautext zum Vortrag: Japanische Frauenliteratur aus der Heian-Zeit  (26.4.2019)

Die interessierten Gäste, die sich am Freitag Abend im Kunstverein Aurich zum Vortrag von Frau Sachiko Szyszka zusammenfanden, wurden mit einem vielschichtigen und hochinteressanten Einblick in die japanische Kultur und Frauenliteratur der Heian-Zeit belohnt.

Wir erfuhren Etliches aus der japanischen Kultur der damaligen Zeit. Über die  Bevölkerungsstruktur, die Wohnsituation, den chinesischen Einfluß in Japan und die  Einführung der Kanji Schrift durch die chinesischen männlichen Gelehrten. Im  weiteren Verlauf  erfuhren wir mehr über den großen Einfluß, den die Frauen der Heian-Zeit auf die Weiterentwicklung der Schrift und Literatur hatten. Wie sie ihre eigene Schrift und eigene Literaturgattungen entwickelten, die bis heute wirken!

Die Lebensbedingungen der Frauen  zu der Zeit trugen maßgeblich zur Entwicklung der Frauenliteratur bei. Dies machte Frau Szyszka sehr lebendig deutlich. Die Frauen damals unterlagen  bestimmten Schönheitsideal, zu dem neben dem Aussehen  vor allem AUCH hohe Bildung mit schöner Handschrift! gehörte. Die hohe Bildung der Töchter war deswegen so wichtig, weil das männliche Werben um eine zukünftige Ehefrau von Adeligen mithilfe eines Kurzgedichtes angezettelt wurde. Der Adelige schickte seiner Auserwählten das selbstgeschriebene Gedicht. Die junge Dame antwortete mit einem eigenen Kurzgedicht darauf. So ging es hin und her. Je schöner die Handschrift der Dame und je anmutiger der Inhalt, um so höher die Chance in adelige Kreise durch Heirat aufzusteigen.  Die Väter konnten durch die Bildung ihrer Töchter also ebenfalls an Macht gewinnen und in der Hierarchie aufsteigen. Sie förderten deswegen die Bildung ihrer Töchter.

Das Thema, mit einem Gedicht auf ein Gedicht zu antworten, schafft übrigens auch die Brücke zu unserer aktuellen Ausstellung von Keiko Sadakane, die die alte japanische Tradition in einer ihrer Arbeiten, der „Tametsuna Trilogie“, im Kunstverein aufgreift – wie André Kirbach im Gespräch nach dem Vortrag auch nochmal deutlich machte. Dies zu wissen erhöht den besonderen Kunstgenuß unserer Ausstellung.

Die Namen der Dichterinnen sind uns nicht überliefert. Lediglich Notnamen sind bekannt und bedeuten oftmals „Tochter von …“ oder „Mutter von …“.
Diese namenlosen Frauen, die ihre Identität lediglich als „Frau oder Mutter von ….“  erhielten, leben  bis heute in ihrer wunderbaren Literatur weiter. Namenlos, aber nicht identitätslos.

Nach dem Vortrag entwickelte sich noch eine lebhafte amüsante  Diskussion in deren Verlauf André Kirbach und Frau Szyszka uns Kurzgedichte auf deutsch und japanisch vorlasen.

André Kirbach und Sachiko Szyszka

 

 

Sachiko Szyszka

 

 

Wir danken Frau Sachiko Szyszka sehr für diesen spannenden und interessanten Abend.
Und wir danken den interessierten Gästen.

 

Auf Nachfrage für diejenigen, die sich nun etwas mehr mit dem Thema beschäftigen möchten, noch eine kleine Auswahl von Dichterinnen der Heian-Zeit und Literaturtips.
Dichterinnen (Auswahl)

  1. Ono no Komachi
  2. Fujiwara Michitisuna no Haha
  3. Sei Shounagon
  4. Murasaki Shikibu

Literatur:
 „Taketori Monogatari“

„Ise Monotagari“

„Tosa nikki“  von Ki No Tsurayuki.

„Kagero Nikki“ von Fujiwara Michitisuna no Haha.

makura no sōshi (Skizzenbuch unter dem Kopfkissen, dt. Kopfkissenbuch) von Sei Shounagon.

Genji Monogatari ( dt. Geschichten des Prinzen Genji), von Murasaki Shikibu.

 

 

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Eine meditative Nachschau zum ZEN Vortrag 

Am Dienstag Abend, 16.4.2019,  fand im Kunstverein Aurich, im schönen kleinen Kunstpavillon, der erste Teil der 6 teiligen Rahmenveranstaltung zur aktuellen Ausstellung „In alten Zeiten hing am Sakaki-Baum ein Spiegel …“ statt. Sie trug den schlichten Titel: „Einführung in den japanischen Zen“.
Warum eigentlich? Was hat Zen mit der aktuellen Ausstellung zu tun? Warum eine Einführung in den japanischen Zen im Kunstpavillon?

Die ausstellende Künstlerin, Keiko Sadakane, ist  Japanerin. Sie ist aber auch Katholikin. Sie wuchs in Japan auf – lebt aber schon lange in Deutschland. Zen ist Teil der japanischen Kultur und hat diese seit dem 13. Jahrhundert geprägt. Keiko Sadakane ist in dieser Kultur aufgewachsen und so ist auch in ihren Arbeiten sehr viel von Zen zu sehen, zu spüren, zu fühlen.

Wie können wir, als Europäer, uns dieser besonderen, uns fremd erscheinenden Kunst und Philosophie annähern? Wie können wir in sie eintauchen und uns auf sie einlassen? Auf den ersten Blick erscheint es schwierig. So fremd und so scheinbar unnahbar.

Wenn wir die komplexe japanische Philosophie aber einmal kennenlernen, uns darauf einlassen, ihre Grundzüge erfassen und erspüren – so können wir den Arbeiten der japanischen Künstlerin anders begegnen. Weil wir ihr näher kommen und weil wir selbst uns in einem anderen Zustand befinden, der es ermöglicht.

André Kirbach, Referent des Abends, 1. Vorsitzender des Kunstvereins Aurich, Galerist aus Düsseldorf und Leiter von Buddha e.V. in Düsseldorf praktiziert ZEN seit vielen Jahren. Mit 35 Jahren fand er zum Zen und setzt sich seither intensiv mit der japanischen Kunst und Kultur auseinander.

Als Kurator dieser Ausstellung UND Zen-Kundiger stellte dies eine besonders schöne und intensive Verbindung dar. Außerdem konnte man Kirbach einmal von einer anderen Seite sehen. Die genau so zu ihm gehört, wie seine Galeristenpersönlichkeit und seine Kunstvereinspersönlichkeit.

André Kirbach begrüßte die Anwesenden im Mediationssitz. Es hatten sich ca. 20 Interessierte eingefunden, die um ihn herum saßen. Der kleine Raum war gut gefüllt. Aber nicht übervoll. Es war noch Luft zwischen den Einzelnen. Kirbach  begann biographisch zu erzählen, wie er selber zum Zen kam. Welche Erlebnisse er mit Meistern und im Kloster hatte. Wie der Klosteralltag aussah und wie sehr feste Strukturen und das „sich Einfügen“ in diese Strukturen im Alltag zum Zen gehören.  Dies alles erzählte er in unaufgeregter authentischer Haltung, die dem Zen  eigen ist. Es wurde geschmunzelt, gelacht und gestaunt. Es war eine sehr friedliche ruhige Stimmung im Raum. Fragen durfte jederzeit gestellt werden. Mit Handmeldung. Um eine Atmosphäre des ruhigen Zuhörens und Antwortens zu schaffen.

André Kirbach erläuterte unterschiedliche Arten des Zen. Er wies auch auf die Schmerzen hin, die beim stundenlangen Meditieren mit dazu gehören und die es anzunehmen und zu überwinden gilt. Ebenso wie das Loslassen ein großes Thema ist. Das Loslassen, das auch beim Sterben zum Thema wird.

Die Teilnehmer wurden zu einer eigenen 15 minütigen Meditation eingeladen. Still sitzen und atmen. Nicht mehr und nicht weniger. Klingt einfach. Ist es aber nicht. Dies war eine intensive Erfahrung, die Einzelnen nicht ganz leicht fiel. 15 Minuten können plötzlich SEHR lang werden, wenn der unruhige Geist dies nicht gewohnt ist. Die meisten jedoch genossen diese kleine Meditation. Einige Teilnehmer waren auch schon Meditationserfahren wie man ihnen ansehen konnte.

André Kirbach las in der Mitte der Mediation einen Text aus dem wunderbaren Buch: „Zen-Geist Anfänger-Geist: Einführung in Zen-Meditation.“ (Shunryu Suzuki.)
Ein kleiner Auszug aus dem vorgelesenen Text hier als Zitat: „Wenn wir Zazen praktizieren, folgt unser Geist immer unserem Atem. Wenn wir einatmen, tritt die Luft in die innere Welt; wenn wir ausatmen, geht die Luft in die äußere Welt. Die innere Welt ist ohne Grenzen und auch die äußere Welt ist ohne Grenzen.

Wir sagen ‚innere Welt‘ oder ‚äußere Welt‘, aber in Wirklichkeit gibt es einfach nur eine ganze Welt. In dieser grenzenlosen Welt ist unsere Kehle wie eine Schwingtür. Die Luft kommt herein und geht hinaus, wie jemand, der durch eine Schwingtür tritt.

Wenn ihr denkt ‚Ich atme‘, ist dieses ‚Ich‘ ein Zusatz. Es gibt niemanden, der ‚ich‘ sagen könnte. Was wir ‚Ich‘ nennen, ist nur eine Schwingtür, die sich bewegt, wenn wir einatmen und ausatmen. Sie bewegt sich einfach, das ist alles. Wenn euer Geist rein und ruhig genug ist, nur dieser Bewegung zu folgen, ist nichts da: kein ‚ich‘, keine Welt, weder Geist noch Körper; nichts als eine Schwingtür.“ (Shunryu Suzuki)

Im Anschluß an die Meditation verblieben etliche Anwesende noch in ihrer Meditationshaltung und genossen den Zustand in dem sie sich befanden. Andere entschieden sich dafür, ihren Geist über den Text und über die Aspekte von christlicher Kirche und Buddhismus diskutieren zu lassen. Und wieder Andere mußten sich ersteinmal körperlich bewegen.

Nach 90 Minuten beendeten Alle gemeinsam den Abend. Jeder auf seine Weise. Vieles wird noch nachklingen und nachempfunden werden. Einiges wird noch durchdacht werden. Und einige Teilnehmer werden diese oder ähnliche Ausstellungen vielleicht nochmal besuchen und mit einem verändertem Bewußtsein betrachten.

Es war ein wunderbarer Abend zu dem alle Beteiligten und insbesondere André Kirbach beigetragen haben. Herzlichen Dank!